3.1.4 Manipulation - Watzlawick - Kurztherapie
Watzlawick, Weakland, Fish, Lösungen, S. 13f , 1973
Auf Grund unserer bisherigen Erfahrungen haben wir keinen Zweifel, dass von bestimmten Seiten Kritik an der "unaufrichtigen", "manipulativen" Natur unseres Vorgehens geübt werden wird. Doch "Aufrichtigkeit" ist neuerdings zu einem Schlagwort geworden, zu einer Scheinheiligkeit sui generis, die zudem in etwas nebelhafter Weise unterstellt, dass es so etwas wie eine "richtige" Anschauungsweise gibt - womit meist natürlich die eigene Sicht gemeint ist. Weiter wird damit impliziert, das "Manipulationen" nicht nur schlecht, sondern auch vermeidbar sind.Die Vertreter dieser Auffassung haben leider noch nicht erklärt, wie das zu bewerkstelligen wäre. Man kann sich schwer vorstellen, wie irgendein Verhalten in Gegenwart eines anderen ohne Wirkung auf das Wesen der Beziehung zwischen diesen beiden Menschen bleiben könnte und wie es sich daher vermeiden liesse, den anderen zu beeinflussen. Der Analytiker, der schweigend hinter dem auf der Couch liegenden Patienten sitzt, der "nicht-direktive" Therapeut, der "lediglich" die Verbalisierung seines Klienten wiederholt, übt ein phantastisches Mass von Beeinflussung aus, und zwar besonders deswegen, weil dieses Verhalten offiziell als beeinflussungsfrei hingestellt wird. Die Frage ist daher nicht, wie Beeinflussung und Manipulation vermieden, sondern wie sie ihrem Wesen nach verstanden und im besten Interesse des Patienten angewendet werden könnte....